Ästhetische Frontzahn-Rekonstruktionen mit Composite

„Ohne Adhäsion ist alles nichts“

Kempten – Ende Januar 2012 zeigte Professor Roland Frankenberger beim Zahnärztlichen Arbeitskreis Kempten im Abschlusskurs des Curriculums Rekonstruktive Zahnmedizin, Ästhetik und Funktion alles über ästhetische Frontzahn-Rekonstruktionen mit Composite.

Das Drumherum

Die Benutzung eines Kofferdams ist für Frankenberger situationsbezogen: „Ich benutze den Kofferdam, wenn er mir was bringt. Wenn ich mit Silikonschlüssel arbeite, versuche ich ohne Kofferdam zu arbeiten.“ Der Silikonschlüssel komme nur zum Einsatz, wenn dadurch schneller und einfacher geschichtet werden kann als ohne. Als Silikonschlüssel verwendet der Referent ein C-Silikon. Mit diesem wird ein palatinaler Teilabdruck vom Gipsmodell mit idealisiertem Wax-up genommen. Abgeschnittene Tofflemire Matrizen können in das C-Silikon einschneiden und somit approximal adaptiert werden. Auch die Befestigung von Zinnfolien am Nachbarzahn sei alternativ möglich. Sind Schablone und Matrizen erst einmal adaptiert, sei alles ganz einfach: „Ich brauche nur noch das Composite in den Schlüssel schmieren, wie Butterchen aufs Brot.“ Eines sollte beim direkten adhäsiven Arbeiten allerdings immer bedacht werden: „Man muss wissen, wo die Grenzen sind!“

Der adhäsive Zeitfaktor

„Ohne Adhäsion ist alles nichts!“, machte Frankenberger klar. Als Grundlage müsse deswegen immer die Adhäsion stimmen. Frankenberger empfiehlt hier altbewährte Mehrflaschenadhäsive zu verwenden und stellte die Frage: „Gewinne ich durch eine Zeitersparnis von 45 Sekunden wirklich so viel?“ Seine Antwort: „Es macht keinen Sinn immer nur bei dem Bonding auf die Zeitersparnis zu kucken. Adhäsive sind wie Nasensprays, weil es manchmal etwas länger dauert bis die Wirkung eintritt. Es hat noch nie geschadet mit ein bisschen mehr Aufwand bei der Adhäsivtechnik zu arbeiten.“

„Ich bin ein Fan von Phosphorsäure“

Phosphorsäure stehe bei Frontzahnfüllungen im Zentrum der Interesse. Da wo es auf Ästhetik ankommt, sollte man mit Phosphorsäure arbeiten. Das Fazit: „Wo der Schmelz mit Phosphorsäure geätzt ist, ist er gut vorbehandelt.“ Man sollte generell lieber zu weit in den Schmelz ätzen als zu kurz. Bei Self-Etch-Adhäsiven sollte der Schmelz nur selektiv geätzt werden, um die Dentinhaftung nicht zu reduzieren. Das Problem: „Wer von uns kann denn wirklich selektiv den Schmelz ätzen?“ Frankenberger empfiehlt eine unruhige Präparationsgrenze mit einem Wave-Bevel nach labial: „Man hat einen besseren farblichen Übergang von Zahnhartsubstanz zum Composite.“

Nachahmung der Natur

Bei der Wahl der Zahnfarbe spricht Frankenberger Klartext: „Ich bin kein Fan davon das Ganze unnötig zu verkomplizieren. Ich bin keiner der Routinemäßig vier Farben appliziert. Davon wird das Ergebnis oft auch nicht besser.“ Die Wahl der Dentinmasse sei der wesentliche Faktor. Diese sollte zervikal am Eckzahn ausgewählt werden. Die Schmelzmassen sollten in niedrigen Schichtdicken verwendet werden. Besonders bei dünnen Zähnen sei es ganz gefährlich mit zu viel Schmelzmasse zu arbeiten. Dies verursache einen Grauschleier. Generell arbeitet Frankenberger palatinal nur mit Dentinmassen. Sein Resümee bei der Farb- und Formgebung: „Ich warne davor mit zu viel Charakterisierung zu arbeiten.“ Sein Rat bei der Wahl des Füllungsmaterials: „Es ist wichtig, dass man sich mit einem Composite beschäftigt und das dann durchzieht. Kaufen Sie sich ein Composite und kämpfen Sie sich an die klinischen Fälle ran.“ Nach der praktischen Erfahrung Frankenbergers reichen hierfür fünf Farben. Der Rest führe in der Praxis zu Verwirrung.

Modellation und Ausarbeitung

Bei der Modellation in der Front helfe ein wohltemperiertes Composite: „Das Composite ist für das Modellieren in der Front recht hart.“ Zum Anwärmen empfiehlt der Referent deswegen einen Tassenwärmer. Das Composite sei dann blasenfreier und fließe besser aus. Modellierflüssigkeiten erteilt er eine Absage: „Ich bin kein Freund von Benetzungsmitteln. Ich versuche, wenn es irgendwie geht, ohne Benetzungsmittel zu arbeiten.“ Zur generellen Modellation empfiehlt Frankenberger Spatel und Mikrobrush, die PA-Sonde für Mammelons bei jugendlichen Zähnen. „Ich modelliere generell einen Millimeter zu dick“, ergänzte der Referent. So könnten Luftblasen entfernt und die Formgebung mit der Flamme und dem Steinchen vorgenommen werden. Sein Tipp für die Ausarbeitung: „Nach dem Diamanten gehe ich sofort mit der Occlubrush drauf. Wenn es zu plan ist, zu glatt ist, wird die Oberflächentextur des Zahns immer unnatürlich aussehen.“ Soflexscheiben sollten deswegen auch nur im approximalen Bereich angewendet werden.

Adhäsives Komplettpaket

Livebehandlung und Hands-on rundeten am Folgetag das theoretisch gehörte ab. Roland Frankenbergers Adhäsiv-Fibel als Kursmaterial für jeden Teilnehmer macht ein Nachschlagen und Vertiefen der Thematik möglich. Alles in Allem ein adhäsives Komplettpaket, dass durch die pragmatischen Behandlungsansätze und die plakative Vortragsweise zum adhäsiven Arbeiten in der Praxis ermuntert. Der Kurs ist für die Spezialisierung bei der European Dental Association (EDA) anerkannt.

Autor: Dr. Johannes Löw